Der Mannheimer Morgen berichtet: Über 100 Gläser Blütenhonig, ganz frisch und selbst geschleudert – das ist die erste Ernte der Neuntklässler am Johanna-Geissmar-Gymnasium. Seit dem Frühjahr kümmern sich zwei Klassen im Rahmen des Naturwissenschaft-und-Technikunterrichts um zwei neu erworbene Bienenvölker.
Biologielehrerin Kerstin Rastall, die von den nützlichen und fleißigen Honigproduzenten schon seit langem fasziniert ist, hatte das Projekt initiiert und mit viel Begeisterung und Engagement begleitet.
Als Fachmann kontaktierte die Lehrerin dann Wolfgang Blumtritt, den Vorsitzenden des Bienenzüchtervereins Mannheim, der sich bereiterklärte, mindestens einmal pro Woche vor Ort die Schüler anzuleiten. Mit den Spenden des Bezirksbeirates Schönau, der GBG und der Firma RifCon Bioconsulting schaffte man Schutzkleidung, Werkzeuge und Bienenstöcke an. Die Holzrahmen für die Waben fertigten die Schüler selbst an, und Anfang April zogen schließlich rund 140 000 Bienen in den Lötzener Weg ein.
Auf der Wiese hinter dem Schulgebäude haben sie ihr ruhiges und sonniges Zuhause. Jeden Freitag sehen die Schüler – mit Imkerbluse, Hut samt Schleier und Handschuhen ausgestattet – nach dem Rechten. Immer dabei ist der Smoker, ein mit Kräutern gefülltes Kännchen, aus dem es beständig raucht, um die Bienen friedlich zu stimmen. Gestochen wurde bislang noch niemand, denn die Schüler arbeiten ruhig und ohne hektische Bewegungen, die die Bienen irritieren könnten.
Die Schüler müssen die Waben herausnehmen, die im Bienenstock in Brut- und Honigwaben getrennt in sogenannten Zargen untergebracht sind. Sie kratzen überschüssiges Wachs ab und kontrollieren, ob es zu viele große Zellen für kommende Königinnen gibt. Dann käme das Volk nämlich in Schwarmstimmung, und die Königin würde sich mit einem Teil des Volkes auf und davon machen, um ein neues Zuhause zu suchen.
Eigener Honig zum Muttertag
Die von den Imkern extra im Bienenstock eingerichteten Rahmen mit den Drohnen dienen als Falle für die Varroamilbe, die, wenn sie überhandnimmt, die Tiere bis hin zur Vernichtung des ganzen Volks schädigt. Da sich die Parasiten viel häufiger bei den Larven der Drohnen als bei den Arbeitsbienen finden, werden diese Waben herausgeschnitten und die Waben zur Wachsgewinnung eingeschmolzen.
Wenn alles klappt, dürfen die Schüler im Juni noch einmal die Waben entdeckeln und den neu produzierten Honig herausschleudern. Dieser wird anschließend gesiebt, umgerührt und in Gläser gefüllt. Erste Proben haben Eda, Feven, Luise und Gina schon als Muttertagspräsente verschenkt. „Wir mögen Honig, aber sich um so einen Bienenstock alleine zu kümmern, ist ganz schön viel Arbeit“, meinen sie übereinstimmend.
Wenn im August die Sommerferien beginnen, nimmt die Arbeit für die Bienen und die Imker ab. Die Tiere, es sind dann noch rund 15 000 pro Stock, werden mit Winterfutter versorgt und mit Ameisensäure gegen die Varroamilbe behandelt, und bis zum nächsten Frühjahr kehrt Ruhe ein.
Auf der Wunschliste für die Zukunft steht für Kerstin Rastall und ihren Mitstreiter, Biologielehrer Hans-Jürgen Pistora, eine Honigschleuder. Dafür hoffen sie auf weitere Sponsoren. „Für einen kleinen Beitrag könnten wir auch einen eigenen Schaukasten erwerben. Das ist ideal für die Schüler, die sich dann im Unterricht intensiver mit Bienen befassen können.“ Auch eine Jugend-forscht-Gruppe wäre denkbar.
Öffnet man die Tür des derzeitigen Leih-Schaukastens von Wolfgang Blumtritt, sehen die Schüler schon mal, was in der Wabe hinter Glas passiert. „Ohne die Unterstützung Wolfgang Blumtritt hätten wir das Projekt nicht starten können“, erklärte Kerstin Rastall. In Zukunft soll die Imkertätigkeit an der Schule allerdings in Eigenregie als Arbeitsgemeinschaft weiterlaufen.
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 28.05.2014