Montag, 6. März: 7 Schülerinnen und 7 Schüler aus den achten Klassen des JGG stehen mit ihren Familien und ihren beiden Lehrern, Frau Müller und Herr Ludwig, voller Vorfreude am Mannheimer Hauptbahnhof und warten gespannt auf den TGV, der sie direkt nach Avignon bringen wird.
Der Zug läuft pünktlich ein, kurzer Abschied von den Eltern und Geschwistern, und nachdem die Koffer alle verstaut sind, von denen einige für eine Woche Aufenthalt ein erstaunliches Gewicht haben, geht es 6,5 Stunden über Straßburg, Besançon und Lyon nach Avignon.
Die Hinfahrt verläuft angenehm und problemlos, es wird viel gequatscht, gespielt und Musik gehört, und alle Teilnehmer lernen sich (noch) besser kennen. Der Eindruck der beiden Lehrkräfte ist positiv: Diese Gruppe harmoniert und weiß sich auch zu benehmen.
Kurz vor Avignon: Alle halten ihr Gepäck bereit, und als der Zug abbremst, wird es plötzlich ganz ruhig. Die Spannung ist mit Händen zu greifen, „mein Herz pocht ganz laut“, „oh Gott, ich bringe kein Wort französisch mehr raus“, diese und ähnliche Äußerungen sind zu hören.
Am Bahnhof erwarten uns bereits freudig die Austauschpartner und deren Familie, es ist inzwischen kurz nach 21 Uhr, und unsere Schüler fahren mit ihren Familien nach Hause. Alle sind in Pernes-les-Fontaines, ungefähr eine halbe Autostunde von Avignon entfernt, untergebracht.
Dienstag: Heute ist für die deutschen Schüler der Besuch von Avignon angesagt, während ihre Austauschpartner die Schulbank drücken müssen. Im beeindruckenden Papstpalast werden die Schüler über Audio-Guide (auf deutsch) über die Zeit der Päpste in Avignon im 14.Jhd. und über die einzelnen Räume bestens informiert. Anschließend spazieren wir „sur le pont d’Avignon“ und singen und tanzen dem berühmten Liedchen zufolge natürlich auch im Kreis. Es bleibt noch genug Zeit für die Schüler, die Stadt zu erkunden, bevor wir dann am Bahnhof ein Stück französischer Kultur am eigenen Leib erfahren: Bei der Bahn gibt es Streiks, und unser Zug fällt aus. Mit dem nächsten Zug und eine dreiviertel Stunde später als geplant erreichen wir schließlich Pernes. Alles gut!
Am Mittwochmorgen wurden wir, typisch französisch, mit leckeren Croissants und Pain-au-chocolat vom Schulleiter des Collège Charles Doche in Pernes begrüßt. Im Anschluss bekamen wir eine sehr interessante Führung durch die Schule, die die beträchtlichen Unterschiede zu einer deutschen Schule erlebbar machte: so hatten wir Zutritt zum „salle de permanance“, in den die Schüler gehen, wenn sie gerade keinen Unterricht haben und dort z.B. am Computer arbeiten können. Überwacht werden sie dort von einem „surveillant“ bzw. einer „surveillante“. Dann gibt es das Centre de Documentation et d’Information (CDI), eine Art Schulbibliothek, wo die Schüler lesen und z.B. Referate vorbereiten können. Auch dort findet man mehrere Computer. Und es gibt auch eine „infirmerie“, eine Art Krankenstation, wo die fest angestellte „infirmière“ sich um die Schüler kümmert, die sich nicht wohl fühlen. Auch für psychologische Betreuung ist an französischen Schulen gesorgt.
Und es gibt weitere Besonderheiten, die das Collège von einer deutschen Schule unterscheiden: Nach dem offiziellen Schulbeginn am Morgen wird das Eingangstor geschlossen und Schüler, die zu spät kommen, müssen klingeln. Sie müssen sich dann an einer bestimmten Stelle melden, es findet ein „kleines Gespräch“ statt, und in der Regel dürfen sie dann erst zur zweiten Stunde in den Unterricht. Es ist auch so, dass das Eingangstor ganztätig überwacht wird und nicht jeder x-beliebige Schüler Zutritt auf das Schulgelände hat.
Besonders beeindruckt waren unsere Schüler auch, als sie hörten, dass die Toiletten während der Unterrichtszeit komplett geschlossen sind und nur in der großen Pause die Möglichkeit besteht, vom Schulhof aus die Toiletten aufzusuchen. Da heißt es dann oft Schlange stehen. Und am Ende der großen Pause müssen sich in allen Collèges die Schüler auf markierten Feldern mit Klassennummer versammeln und werden dann zum Unterricht abgeholt.
Nach dieser beeindruckenden Führung durch die Schule durften unsere Schüler mit in den Unterricht gehen. Die Meinung unserer Schüler im Anschluss: die französischen Schüler behandeln z.B. in Mathe oder Englisch Themen, die wir schon gehabt haben, das Niveau sei insgesamt niedriger und „wir sind doch gar nicht so schlecht“. Dann erkundeten wir Pernes-les-Fontaines, und erkannten, dass das Örtchen aufgrund der vielen Fontänen seinen Namen zurecht trägt. Der Rest des Tages gab den Schülern Gelegenheit, in den Familien ihre Französischkenntnisse anzuwenden. Einige trafen sich auch in kleinen Gruppen, um z.B. Basketball zu spielen.
Am Donnerstag ging es in die Camargue und ans Meer. Der liebe Gott spendierte uns viel Sonne und Temperaturen um die 20 Grad. Leider bliebe nach einer kurzen Besichtigung des Örtchens und der Kirche von St. Marie nur wenig Zeit am Strand, da wir mit einer dreiviertel Stunde Verspätung (der erste Bus war zu klein, das Busunternehmen musste einen größeren organisieren) losgefahren waren. Aber toll war es trotzdem am Meer.
Im Anschluss ging es weiter nach Arles, die Stadt, in der die Griechen und vor allem die Römer bis heute überall Spuren hinterlassen haben: Sei es das Amphitheater, das „Théatre Antique“ oder die Kirche St. Trophime mit ihrem einzigartigen Kreuzgang. Zufällig drehte in der Arena auch gerade ein französisches Fernsehteam, und einige aus unserer Gruppe ließen es sich nicht nehmen, diese zum Selfie aufzufordern. Sie waren erfolgreich.
Am Freitag dann endlich der erste gemeinsame Ausflug mit den Franzosen. Wieder war es ein sonniger Tag. Unser Ausflugsziel gehört zum Weltkulturerbe: der „Pont du Gard“, das einzigartige Aquädukt aus der Römerzeit, Teil einer fast 50 km langen Wasserleitung. Der Pont du Gard ist fast 50 m hoch und umfasst 3 Etagen. Um den Pont du Gard herum durften unsere Schüler in einer Schnitzeljagd einige knifflige Aufgaben lösen, bevor es ins dortige Museum ging, das weitere Informationen zum Pont du Gard lieferte.
Unglaublich! Schon Samstag! Morgen früh geht`s schon nach Hause! Die meisten Schüler unternahmen an diesem Tag einen Ausflug mit ihrer Familie und lernten so die Provence noch besser kennen.
Und dann: der Tag der Rückfahrt. Frühes Aufstehen war angesagt, denn schon um 8 Uhr war Treffpunkt am Bahnhof von Avignon, damit genug Puffer für Verspätungen vorhanden war. Mit viel Wehmut und vielen Küsschen verabschiedeten sich unsere Schüler von ihren Austauschpartnern.
Doch um viertel vor neun, fünf Minuten vor der Abfahrt unseres Zuges, fehlte immer noch ein Schüler, und leichte Nervosität machte breit. Auf den letzten Drücker schaffte es Joel, dessen Familie zu spät aufgebrochen war, dann doch noch und wir alle konnten auf der Heimfahrt noch einmal diese Woche an uns vorüberziehen lassen und manche lustige Anekdote zum Besten geben.
Pünktlich trafen wir am Nachmittag in Mannheim ein. Unsere Gefühle waren gespalten: einerseits traurig, dass wir die Provence und die liebgewonnene französische Familie wieder verlassen mussten; andererseits froh, wieder im vertrauten Umfeld zu sein, oder, wie es eine Schülerin formulierte: „endlich wieder meine geliebte Fleischwurst zu haben“.
Es war in der Tat eine wunderbare Woche, und alle Schüler konnten jede Menge Erfahrungen über „Land und Leute“ und auch ein stark erweitertes Französischvokabular mit nach Hause nehmen.
Alle freuen sich nun schon auf den Gegenbesuch ihrer Austauschpartner ab dem 14. Mai.
Abschließend möchten Frau Müller und ich es nicht versäumen, der Gruppe ein Kompliment zu machen: es ist besonders euch zu verdanken, dass alles problemlos verlief, ihr wart echt eine coole Truppe und es hat Spaß gemacht mit euch! Merci beaucoup!
Text: Jörg Ludwig
Bilder: Susanne Müller