PPG will in Zukunft Johanna-Geissmar-Gymnasium heißen

Nach jahrelangen Diskussionen haben sich Lehrerschaft, Schüler und Eltern am Peter-Petersen-Gymnasium (PPG) für einen neuen Namen entschieden. Johanna-Geissmar-Gymnasium soll die Einrichtung auf der Schönau in Zukunft heißen. Die Schulkonferenz hat sich jetzt mit großer Mehrheit für diesen Vorschlag entschieden. Allerdings muss der Gemeinderat der Umbenennung noch zustimmen. Laut Stadt kann es bis zum November dauern, bis sich alle Gremien mit der Frage befasst haben.

Der neue Name sei praktisch ein „großer Stolperstein“, erklärt Schulleiter Dr. Ingo Leichert. Johanna Geissmar ist in Mannheim bisher weitgehend unbekannt. Die 1877 in der Quadratestadt geborene Jüdin gehörte zu den wenigen Frauen, die in ihrer Zeit studierten. 1940 wurde die Ärztin in das Lager Gurs deportiert, wo sie sich um die Insassen kümmerte. 1942 meldete sie sich freiwillig zum Transport nach Auschwitz, um die Inhaftierten auch auf der Fahrt medizinisch zu versorgen. Damit bezahlte sie wie die Mannheimer Oberin Pauline Maier mit dem Tod. Offenbar wurde sie in Auschwitz vergast. Vom bisherigen Namenspaten hatte sich das Peter-Petersen-Gymnasium abgewandt. Historiker hatten dem Pädagogen rassistische und antisemitische Äußerungen nachgewiesen.

Das PPG ist damit die zweite Mannheimer Schule, die in diesem Jahr einen Neubau bezieht und sich zudem nach einer Frau benennt: Aus der Humboldt- ist zum Jahresbeginn bereits die Marie-Curie-Realschule geworden. fab

© Mannheimer Morgen, Freitag, 07.06.2013

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„PPG“ könnte vom kommenden Schuljahr an Johanna-Geissmar-Gymnasium heißen / Mehrheit in Schulkonferenz / Gemeinderat muss noch entscheiden

„Engel von Gurs“ als Namenspatin

Auf das PPG kommen nicht nur bauliche Veränderungen zu: Die Schulkonferenz hat entschieden, dass das Haus zukünftig Johanna-Geissmar-Gymnasium heißen soll.

Ein Zettel an der Tür zum Lehrerzimmer verkündet es, langsam hat sich die Neuigkeit auch unter den Schülern herumgesprochen. Die Schulkonferenz des Peter-Petersen-Gymnasiums (PPG) hat sich in dieser Woche für einen neuen Namen entschieden. Johanna-Geissmar-Gymnasium soll die Einrichtung in Zukunft heißen und damit an eine jüdische Ärztin erinnern, der die Pflege von Bedürftigen wichtiger war als ihr eigenes Leben.

Schulleiter Dr. Ingo Leichert ist froh über diesen Vorschlag – nicht nur weil er den langen Diskussionen über eine Umbenennung ein Ende setzt: „Sie verkörpert verschiedene Gesichtspunkte. Sie war eine Frau, geborene Mannheimerin und Opfer des Nationalsozialismus. Und sie steht für Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft“, so Leichert.

Geschichtslehrer Martin Geipel hatte den Vorschlag Johanna Geissmar in die Diskussion eingebracht. Trotz ihrer tragischen Lebensgeschichte und ihrer Aufopferung für andere Menschen ist sie in Mannheim bisher noch weitgehend unbekannt, eine nach ihr benannte Schule gibt es im ganzen Land noch nicht.Der eigentliche Favorit vieler Schüler und Eltern – Bertha Benz – war wegen Verwechslungsgefahr mit anderen Einrichtungen in der Stadt von der Liste genommen worden. Danach fand eine Umfrage unter Lehrern, Eltern und Schülern statt. Zur Auswahl standen neben Johanna Geissmar auch Komponist Johann Stamitz und der Name Gymnasium Mannheim-Nord. Alle drei Gruppen entschieden sich aber mehrheitlich für Geissmar.

So wie zum Beispiel Michelle Mattheis. Die Abiturientin wird die Schule zwar bald verlassen, den neuen Namen aber findet sie gut. „Ihre Geschichte ist interessant und sie ist ein guter Gegensatz zu Peter Petersen“, sagt die Schülerin. Stefan Haas, Vorsitzender des Elternbeirats, lobt zudem den relativ langen und aufwendigen Prozess der Namensfindung, in den alle Gremien eingebunden wurden. Allerdings steht ein Votum noch aus: Die endgültige Entscheidung kann nur die Stadt als Schulträger und für sie der Gemeinderat treffen. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass es noch etwas dauern kann, bis alle Gremien sich mit dem Thema beschäftigt haben. Die Umbenennung könnte demnach im November erfolgen.

Wenn es so weit ist, dürfte noch einige Arbeit anfallen, wie Schulleiter Leichert erklärt: Neue Briefbögen, Schilder und Stempel braucht die Schule, die Homepage muss überarbeitet werden. Und bis aus dem alten „PPG“ auch in den Köpfen von Schülern, Eltern, Lehrern und Bürgern wirklich das Johanna-Geissmar-Gymnasium geworden ist, dürfte es wohl ebenfalls noch etwas dauern.


Peter-Petersen-Gymnasium

Das 1972 gegründete Gymnasium auf der Schönau hat derzeit mehr als 700 Schüler.

Dem bisherigen Namenspaten, dem Reformpädagogen Peter Petersen, hatten Historiker vor vielen Jahren rassistische und antisemitische Äußerungen nachgewiesen. Schulleiter Dr.  Ingo Leichert betonte stets, eine Umbenennung solle zeitgleich mit einer baulichen Erneuerung der stark renovierungsbedürftigen Schule erfolgen.

Im September 2011 fiel dann der Startschuss für den lange ersehnten Neubau: Er soll Fachräume sowie 29  Klassenzimmer umfassen und nach den kommenden Sommerferien bezugsfertig sein (Kosten rund 11 Millionen Euro). Danach folgen Renovierungsarbeiten an den anderen Schulgebäuden.


Johanna Geissmar – Hilfe für andere mit dem Tod bezahlt

Manchmal ist es das Fernsehen, das einen Menschen nach seinem Tod bekannt macht. Im Fall von Johanna Geissmar (Bild rechts, Repro: Haderer) hat zumindest die ZDF-Dokumentation „Engel in der Hölle“ einen Beitrag dazu geleistet.

Die jüdische Ärztin Johanna Geissmar wurde 1877 in Mannheim geboren. 1909 nahm sie in Heidelberg ein Medizinstudium auf – damals für eine Frau eine große Ausnahme. 1940 wurde sie im französischen Lager Gurs inhaftiert. Dort kümmerte sie sich um die medizinische Versorgung der Insassen. Und 1942 machte sie einen aufopferungsvollen Schritt: Zusammen mit Pauline Maier (der langjährigen Oberin des jüdischen Krankenhauses in Mannheim) meldete sie sich freiwillig für den Transport ins Vernichtungslager Auschwitz. Sie wollte die kranken und alten Menschen auch auf der Fahrt versorgen – und bezahlte dafür mit dem Tod. Der Ankunftstag in Auschwitz gilt auch als ihr Todestag.


© Mannheimer Morgen, Freitag, 07.06.2013

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