Am 13. März 2014, um 14.40, saßen vierzehn Schüler aus der achten Klasse des JGG mit den beiden Lehrerinnen Frau Müller und Frau Frank-Richter im TGV und waren gespannt, was sie in der Provence erwarten würde. Von Mannheim aus ging es über Karlsruhe, Baden-Baden, Strasbourg, Mulhouse Ville, Belfort Montb TGV, Besançon F-Comté, Chalon-sur-Saône und Lyon Part Dieu mit streckenweise über 300 Stundenkilometern nach Avignon – Ankunft pünktlich um 21.08 – wo unsere Schüler bereits von ihren Austauschpartnern und deren Familien erwartet wurden. Sehr schnell hatten alle ihre Gastfamilie gefunden und waren meistens mit den typischen französischen „bises“ begrüßt worden.
Am nächsten Morgen wurde uns im Collège Jean Bouin nach einer sehr herzlichen Begrüßung durch den Schulleiter und seine Stellvertreterin zunächst ein französisches Frühstück mit Kakao, Baguette und Croissants serviert und anschließend das Collège gezeigt. Hierbei konnten unsere Schüler einige verblüffende Unterschiede zu unserer Schule sowie unserem Schulsystem feststellen: Das Schulgelände kann von Nichtbefugten aufgrund eines festverschlossenen Tores nicht betreten werden, über den Eingang wacht den ganzen Tag eine sehr nette Concierge (Hausmeisterin). Wer zu spät kommt, darf nicht mehr in den Unterricht – die Concierge benachrichtigt dann die Abteilung „Vie scolaire“ (die sich übrigens auch um all den Verwaltungskram kümmert, den bei uns die Klassenlehrer „so nebenbei“ erledigen), der betreffende Schüler wird von einer der Surveillants abgeholt und in die „Salle de Permanence“gebracht, wo er unter Aufsicht eine Zusatzaufgabe erledigen „darf“. Störer landen ebenfalls dort: Der Lehrer ruft die Surveillants an, der Störenfried wird abgeholt – und ab in die Salle de Permanence.
Falls Unterricht ausfällt, können die Schüler ebenfalls in diese „Permanence“ gehen und dort Aufgaben machen, oder sie gehen ins CDI (Centre de Documentation et d’Information, eine Art schuleigene Bibliothek), wo ihnen den ganzen Tag über eine Bibliothekarin mit Rat und Tat zur Seite steht, bei Recherchen hilft, auf Bücher aufmerksam macht, am Computer hilft usw. Auch in der zweistündigen Mittagspause können die Schüler dorthin gehen, natürlich erst nach dem Essen in der schuleigenen Kantine.
Im Anschluss an die Führung durften unsere Schüler zwei Stunden in jeweils zwei verschiedenen Klassen verbringen und entdeckten hier ebenfalls eine Besonderheit dieses Collège: Im Schulhof sind die Nummern der Fachräume (Klassenzimmer gibt es nicht) auf dem Boden aufgemalt und die Schüler werden nach den großen Pausen dort von den Lehrern abgeholt. Eine weitere Besonderheit dieser Schule ist eine Inklusionsklasse, in der zehn behinderte Kinder von zwei speziell ausgebildeten Lehrern betreut werden.
Nach diesem informativen, unsere Schüler teilweise nachdenklich stimmenden Vormittag und einem gemeinsamen Essen in der „cantine“ging es zu einer Führung durch die kleine Stadt Isle-sur-la-Sorgue, in der es viele alte Wasserräder, alte Häuser und malerische Gässchen zu bewundern gibt.
Das Wochenende verbrachten unsere Schüler in den Gastfamilien und am Montag berichteten sie von interessanten Ausflügen – in der Provence gibt es enorm viel zu sehen und zu bestaunen.
Am Montag machten wir einen Ausflug nach Avignon, wo eine Besichtigung des Papstpalastes auf dem Programm stand. Mit einem Audio-Guide konnte jeder sich das anhören, was ihn besonders interessierte (auf Deutsch natürlich), und wir erfuhren Erstaunliches aus dem Leben der Päpste! So macht Geschichtsunterricht wirklich Spaß – und viele unserer Schüler nannten den Besuch des Palastes als einen der Höhepunkte unseres Aufenthalts. Bevor wir in einem höher gelegenen Park picknickten, ging es noch auf die Saint-Bénézet-Brücke, bekannt durch das Lied „Sur le pont d’Avignon …“, und wie es sich gehört, sangen wir dort auf der Brücke auch dieses Lied und tanzten dabei im Kreis!
Am Dienstag dann ging es nach Marseille und nach kurzer Besichtigung des Fischmarkts und einem kleinen Spaziergang durch die Stadt per Boot zum Château d’If, einem ehemaligen Gefängnis vor allem für politische Gefangene (überwiegend Adelige). Diese Festung inspirierte Alexandre Dumas zu seinem Roman „Der Graf von Monte Cristo“ und ein Loch in einem der Verliese soll die Touristen glauben lassen, dass dieser Graf tatsächlich von dieser Insel geflohen sei, um grausame Rache an denjenigen zu nehmen, die ihn durch falsche Beschuldigungen hierher gebracht hatten. Wenn man sich dieses Loch aber genau anschaut, dann wird klar, dass es sich hier um reine Erfindung handelt – es würde nämlich kein Mensch hindurchpassen. Und das erkannten unsere Schüler sofort.
Mittwochs haben auch die französischen Schüler einen freien Nachmittag und deswegen gab es am Vormittag einen kürzeren Ausflug. Die Fontaine de Vaucluse faszinierte durch ihre verschiedenen kleineren Wasserfälle und bei der anschließenden Besichtigung einer ehemaligen Papiermühle konnten wir einiges über die Papierherstellung in früheren Zeiten erfahren. Den Nachmittag verbrachten unsere Schüler mit ihren Gastfamilien.
An unserem letzten Tag in der Provence besuchten wir zusammen mit den französischen Corres (den Austauschpartnern) zunächst Les Baux-de-Provence – ein Gebirgsdorf mit einer alten Festung – und dann Les Carrières de Lumières, eine sehr beeindruckende Lichtshow in einem stillgelegten ehemaligen Steinbruch mit Bildern von Klimt, Hundertwasser, Schiele, Makart und Otto Wagner. Deren Gemälde wurden von unzähligen Beamern an der Decke auf die Wände geworfen, veränderten sich ständig, und das Ganze wurde untermalt von klassischer Musik. Dass diese Form von „Kunstunterricht“ auch bei den Schülern sehr gut ankam, zeigte sich nachher darin, dass sehr viele Les Baux als zweiten Höhepunkt ihres Provence-Aufenthalts nannten. Anschließend ging es nach Arles in das Musée Arles-Antique. Dieses Museum wurde extra gebaut, um ein vor zehn Jahren direkt bei Arles im Fluss gefundenes, sehr langes römisches Boot (ca. 50 n.Chr.) aus Eichenholz ausstellen zu können neben weiteren Fundstücken, die von den römischen Ursprüngen dieser Stadt zeugen. Ein weiteres Zeugnis, nämlich die Arena, besichtigten anschließend noch die deutschen Schüler.
Am nächsten Tag ging es mit dreißig Minuten Verspätung – in Marseille hatte es einen Polizeieinsatz gegeben – die gleiche Strecke wie bei der Hinfahrt zurück Richtung Mannheim, wo wir schließlich mit nur zehn Minuten Verspätung um kurz vor halb vier ankamen. Nach allem, was im Zug auf der Rückfahrt zu hören war, waren unsere Schüler sehr zufrieden mit ihrem Aufenthalt in Frankreich, hatten sie doch vieles gesehen und erlebt, was man aus dem Schulbuch nicht erfahren kann, abgesehen davon, dass es bestimmt auch motivierend ist zu erfahren, dass man sich in der Sprache des Nachbarlandes doch tatsächlich verständlich machen kann.
Zur Zeit sind die Franzosen bei uns und auch für sie dürfte der Aufenthalt in Mannheim ein ereignisreicher sein. Auch sie haben unsere Schule und den Unterricht am JGG kennengelernt, gemeinsam Sport getrieben und interessante Ausflüge unternommen. So waren sie z.B. nicht nur in Mannheim selbst, sondern auch in Ladenburg, wo sie u.a. das Carl-Benz-Museum besuchten, und Schwetzingen, wo sie eine Schlossführung mit Musik und Tanz erlebten. Ihren letzten Tag werden sie im Technoseum mit Informationen zur Papierherstellung, einer TechnoRalley und Experimenten verbringen und sich am Nachmittag im Luisenpark mit verschiedenen Spielen vergnügen. Am 11. April werden sie dann in die Provence zurückkehren und ihren Eltern wahrscheinlich genauso begeistert von ihrem Aufenthalt in Mannheim erzählen wie unsere Schüler von ihrem in Isle-sur-la-Sorgue.